In der fast 150-jährigen Geschichte unseres Chores sollen auch Höhepunkte nicht unerwähnt bleiben, die sonst sehr leicht in Vergessenheit geraten können. Wir hatten in Birlinghoven die wunderbare Gelegenheit, Werke von Birlinghovener Komponisten als Uraufführung singen zu dürfen. Und dies gleich drei Mal. Es gibt wohl kaum einen anderen Chor in unserem Land, dem dieses bei einer vergleichbaren Größe unseres Ortes vergönnt ist.
Wilhelm Schrattenholz
geboren : 28. Juni 1815 in Birlinghoven
gestorben: 4. September 1898 in Köln
Wie auch an anderer Stelle erwähnt, erfolgte in Birlinghoven die Gründung eines Chores durch Wilhelm Schrattenholz, der schon in jungen Jahren ein ausgezeichneter Musiker war. Zu der Musik kam noch die große Leidenschaft für das Verfassen von Gedichten. So lag es nahe, dass er die von ihm verfassten Texte auch gleichzeitig vertonte. Neben ein- und mehrstimmigen Liedern und Kompositionen für Orgel verfasste er auch eine Reihe von Gedichten in Mundart. Er war in dieser Zeit Wegbereiter für den mehrstimmigen Chorsatz. Vielleicht wurde er auch von Franz Schubert inspiriert, der von 1797 bis 1828 lebte und eine Fülle von Chorwerken schuf. Wilhelm Schrattenholz hatte den großen Vorteil, dass er in dieser Zeit auch einen Chor zur Verfügung hatte, mit dem er seine neugeschaffenen Werke aufführen konnte. Trotz aller Bemühungen sind wir nicht in den Besitz von Originalnoten gelangt. In den Heimatblättern des Siegkreises findet sich in der Ausgabe Januar/April 1932 ein 21-seitiger Bericht, der sich ausschließlich mit seinem Leben und seinen Werken befasst. Siehe hierzu auch: „1838 Der Beginn”.
Wilhelm Schrattenholz muss daher an den Beginn der Nachweise unseres Chores gesetzt und sein Lebensweg aufgezeigt werden. Der Gründer dieser Familie war ein Ferdinand Schrattenholz (früher Schradenholz), ein österreichischer Soldat, der in den Wirren der französischen Revolutionskriege sich im Dorf als Tierheilkundiger niederließ. Er gehörte dem deutsch-kaiserlichen Heere unter Erzherzog Karl von Österreich an. Nach der „Schlacht am Käsberg“, die zwischen Uckerath und Altenkirchen tobte, wird sich Ferdinand Schrattenholz von dem siegreichen österreichischen Heere abgesetzt haben und in Birlinghoven geblieben sein. Er heiratete 1798 ein Birlinghovenerin namens Anna Asbach. Sie schenkte ihm zwei Söhne, Peter und Wilhelm. Peter folgte dem Beruf des Vaters als Tierheilkundiger, und Wilhelm, geb. 1815, sollte Lehrer werden. In der Schule zu Rauschendorf lernte er als Präparand eine Schulklasse zu leiten. König Friedrich Wilhelm IV. verlieh ihm im Jahr 1849 das Patent als Lehrer. 1840 heiratete er Maria Magdalena Franziska Schreiner, die Tochter des Försters und Rentmeisters des martialischen Rittergutes in Birlinghoven. Ein Jahr zuvor – 1838 – gründete er in Birlinghoven ein Privat-Erziehungsinstitut (kleine Volksschule). 1841 gab Wilhelm Schrattenholz eine musikalische und heimatkundliche Schrift heraus: „Der Sänger vom Siebengebirge – Sagen, Märchen, Bräuche und Lieder der dortigen Landsleute in hochdeutscher und plattdeutscher Mundart geschrieben und mit mehrstimmigen Liedern begleitet“. Bereits 1842 erschien von ihm in 7 Lieferungen der weltbekannte „Spielbähn“, der merkwürdigste Seher und Prophet der Zeit. 1848 folgte dann wieder ein musikalisches Werk „Orgelklänge“, mit neuen mehrstimmigen Schul- und Jugendliedern und weiteren Volksweisen nebst Anleitung zum Gesangunterricht. In dieser Zeit (1838 – 1850) leitete er den Männergesangverein zu Birlinghoven.
Theodor Kurscheid
geboren : 30. August 1882 in Birlinghoven
gestorben : 19. Juni 1954
Musikdirektor Theodor Kurscheid gehörte zu den großen Dirigenten des Rheinlandes. Er stand namhaften Chören vor und war zu seiner Zeit einer der führenden Preisrichter bei großen Gesangswettstreiten. Breit gefächert war die Vielfalt seiner Kompositionen, vom leichten Volkslied, was mal eben im Zug von Köln nach Siegburg verfasst wurde, bis hin zur achtstimmigen Messe. Chorsätze mit mehreren Strophen waren für ihn ein Gräuel. Da er selbst ein ausgezeichneter Klavier- und Orgelspieler war, versuchte er die Klangfülle dieser Instrumente in seine Kompositionen einzubauen und damit auf die Chöre zu übertragen. Wenn er auch nur wenige Jahre bei uns als Chorleiter wirkte, so blieb er doch bis zu seinem Tod dem Chor eng verbunden. Wenn man die Auftritte der Jahre nach seinen ersten Veröffentlichungen verfolgt, so kann man leicht feststellen, dass der Chor noch in jedem Jahr mindestens ein Lied von ihm gesungen hat. Der Chor besitzt eine große Anzahl seiner Kompositionen, darunter auch zwei, die uns gewidmet sind und durch uns zur Uraufführung gelangten.
Dem Chor gewidmet: „Genesung” nach einem Text von Otto Oertel und „Drei Wünsche”; hier ist der Verfasser des Textes nicht bekannt.
Hans Berty
geboren : 18. August 1934 in Birlinghoven
gestorben : 6. Juli 2003
Hans Berty studierte von 1952 bis 1955 katholische Kirchenmusik an der Kirchenmusikschule „Gregoriushaus” in Aachen. Er schloss das Studium 1962 mit dem Chorleiter-B-Examen ab und 1966 folgte das große Organisten- und Chorleiterexamen (A-Prüfung). Schon in jungen Jahren zeigte sich eine besondere Begabung zum Tonsatz, welche durch separate Studien intensiv gefördert wurde. Namhafte Lehrer unterrichteten ihn in Harmonielehre, Kontrapunkt und Komposition. Der Liederzyklus „Lieder eines Lumpen” nach Gedichten von Wilhelm Busch, wurde schon 1955 skizziert, 1965 erneut bearbeitet und ergänzt, blieb jedoch lange Zeit unvollständig. Erst Anfang 1995 wurde dieser Liederzyklus vollendet. Es war für uns eine große Ehre, diesen Liederzyklus bei unserem Schloßkonzert 1996 zur Uraufführung zu bringen. In den letzten Jahren entstanden weitere Lieder und Balladen und zwei Messen für gemischten Chor.
An dieser Stelle sei Hans Berty herzlich dafür gedankt, dass er uns in seinen letzten Lebensjahren oft als Chorleiter ausgeholfen hat.